This Will Destroy You – Another Language
Den Entwicklungsschritt, den This Will Destroy You zwischen ihrem selbstbetitelten, nach allen Regeln der Genrekunst spielenden Debüt, und dem abgeschotteten „Doomgaze“ des bisweilen regerecht hoffnungslos in sich gekehrten ‚Tunnel Blanket‚ mutmaßlich übersprungen zu haben schienen, holt das Quartett aus Texas nun nicht nur nach – es fächert beim Zurückrudern seinen Postrock gleichzeitig abermals um Nuancen weiter auf.
Wobei die Vorgabe von 2010 für This Will Destroy You auch im Jahr 2014 immer noch gilt: „Fuck post-rock! And fuck being called post-rock!„. Schon der scheuklappenbefreite Vorgänger von 2011 dirigierte den instrumentalen Rock der Band weiter hinein in so ausladende wie bedrückende Ambientwelten, eine nachdrücklich ausgelebte Leidenschaft für Drone- und Shoegazeelemente, die Faszination von drahtigen Post-Metal-Ekursionen. ‚Another language‚ setzt nun weitestgehend nahtlos bei dem installierten Willen zur stilistischen Bandbreite an, betrachtet dabei einerseits auch gleichzeitig mit einem direkteren Zug zur Melodie die Frühphase der Texaner, stemmt sich andererseits aber auch mit einer bisher ungekannten Kompaktheit vehement gegen den Stillstand: mit gerade einmal siebeneinhalb Minuten Spielzeit wäre der längste Song der Platte nicht einmal in den Top-3 der längsten Nummern der Vorgängeralben gelandet.
‚Another Language‚ ist ein Rückblick geworden, der sein Sichtfeld jedoch nach vorne gerichtet über den Horizont schweifen lässt und als immanentes Wechselspiel der Emotionen seine Zelte aufschlägt: ‚New Topia‚ begint glockenhell mit dezent optimistisch-betörenden Gitarrenbögen, bevor sich der Opener splittet und unter Sigur Ròs-artigen, engelsgleichen Synthiearrangements ein aggressiv nach vorne wütender Rhythmustreiber aufbegehrt, wie ihn auch Russian Circles entfachen könnten. Auch in ‚Dustism‚ schwelgt eine verträumte Anmut an der Oberfläche, während im Hintergrund der Drone rumort und den detailierten Tauchgang von ‚Serpent Mound‚ einleitet, der seine Elektronik-Loops so sachte bratzen lässt, als würde nebenher eine Aussöhnung mit den Fuck Buttons stattfinden. Dass der einnehmende Streichelgang in seinen letzten 2 Minuten durch ein vehemet Richtung Noise schielenden Ausbruch aufgerissen wird führt jedoch auf eine falsche Fährte: vor allem im Mittelteil der Platte ziehen sich This Will Destroy You – wenn auch nicht so konsequent wie zuletzt – in introspektive, nachdenkliche und bekümmerte Ambient-Sound-Landschaften zurück.
‚The Puritan‚ lässt mit seinem tröpfelnden Pianoakkorden vollends in seine melancholische Atmosphäre zwischen William Basinski sowie den in sich gekehrtesten Szenarien von Max Richter versinken und kreiert damit außerhalb der Zeit stattfindende Momente, als würde der Blick in den Sternenhimmel den Hörer konsumieren. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch das abschließende ‚God’s Teeth‚ mit tottrauriger Stimmung. ‚Mother Opiate‚ wiederum könnte so ähnlich auch im Repertoire von Bohren & der Club of Gore Verwendung finden, mit seinem zart gestrichenen Besenanschlägen im tiefdunklen Noir-Jazz-Vibe.
Spätestens ab dem sinister die Zeitlupe verdrängenden ‚War Prayer‚ offenbart sich allerdings auch die wiederentdeckte Dynamik hin zur weniger lichtscheuen Schönheit, die This Will Destroy You in den Wellengang aus sich aufbäumenden Crescendos und minimalistischen Geräuschkulissen einweben: auf den längsten Song der Platte wartet nach dem durschrittenen dunklen Tal ein hell strahlenes Finale. ‚Memory Loss‚ verdichtet sich dagegen von Beginnn weg ohne Hast bis hin zu einer erlösenden Zwei-Ton-Folge; ‚Invitation‚ dirigiert schon davor ein volles Drum-Rollen, die Melodien darunter spielen immer deutlicher mit viel Reverb nach den Regeln des Postrock, während sich This Will Destroy You in einen energischen Rausch versetzen, der allerdings auch zwei Dinge vor Ohren führt.
Erstens, dass selbst wenn der Albumfluss die etwas zu gut gemeinte Knackigkeit vieler Songs durchaus aufzufangen vermag, es ‚Another Language‚ an einigen Stellen durchaus gut getan hätte, wenn die Texaner ihre Kompositionen noch tiefgehender erforscht, sich bisweilen noch erschöpfender in den Szenarien verausgabt hätten – eine derart bedingungslose Intensität wie ‚Tunnel Blanket‚ entwickelt das Drittwerk der Band deswegen nicht. Und – in indirekter Abhängigkeit – zweitens, dass This Will Destroy You mittlerweile am eindringlichsten funktionieren, wenn sie sich am stricktesten von den vermeintlich so verhassten Wurzeln, aber gelegentlich (diesmal wieder) allzu stereotyp bedienten Mustern freispielen.
Man darf also durchaus weiterhin mit dem Gedanken flirten wie unergründlich gut es This Will Destroy You stehen würde, wenn sie sich in Zukunft ohne den Postrock als doppelten Boden im Songwriting wieder stärker auf ihre akribisch aufgebreiteten Ambient-Ansätze verlassen würde.
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