Melvins – Basses Loaded

von am 13. Juni 2016 in Reviews

Melvins – Basses Loaded

Die Melvins treiben ihren Modus Operandi am Besetzungs-Schleudersitz auf die Spitze: Basses Loaded setzt quasi jedem ihrer Angestellten der letzten Dekade auf dem Posten des Tieftöners ein kleines Denkmal.

2016 steht für Buzz Osborne und Dale Crover offenbar im Zeichen der Aufarbeitung. Weil zwischen dem zeitweiligen Rücktritt der Big BusinessJungs und dem aus der Mottenkiste geholten 1999er-Werk Three Men and a Baby mit godheadSilo-Mann Mike Kunka von vor ein paar Wochen ohnedies auf jeder Platte der Band die Besetzung des Tieftöners wechselte und damit besondere Bedeutung verdiente, spricht diesmal nichts dagegen, das Spotlight nun gleich vollends auf die Bass-Arbeit des letzten Jahrzehnts zu lenken. Das weißderTeufelwievielte Studioalbum der Melvins versammelt deswegen 6 verschiedene Bassisten auf 12 Songs – von denen dem Hardcore-Fan 9 übrigens bereits durch die EPs Beer Hippy und War Pussy sowie dem Les Butcherettes-Split Chaos as Usual bekannt sein könnten.
Auffällig dabei: der Scherenschnitt Basses Loaded ist deswegen nicht mehr Stückwerk als sonstige Alben der Freigeister aus Montesano, im Gegenteil, zwischen den einzelnen Nahtstellen vielleicht sogar sorgfältiger verschweißt als einige vorangegangene Werke. Und das, obgleich sich die Handschrift der jeweiligen Bassisten in den verschobenen Nuancen des typischen (aber was ist schon typisch bei dieser Band?) Melvins-Sounds doch markant niederschlägt. Alleine der grandios unmittelbare Übergang vom atmenden 6-Minuten-Herzstück ideal platzierten Planet Destructo (mitsamt seiner jazzigen Trevor Dunn-Lite-Standbass-Virtuosität inklusive proggigem Instrumentalausflug) zum knackigen Frickler War Pussy mit Neuzugang Steven McDonald unterstreicht die unsterbliche Weirdo-Klasse der Melvins mit schlüssiger Unberechenbarkeit.

Stichwort McDonald: Gerade die Beiträge des jüngst für kommende Aufgaben angeworbenen Redd Kross und Off!-Mannes hinterlassen einen herrlich eigenwilligen, weil beinahe nebensächlich und ohne forcierten Druck abgeschossenen Eindruck, der den Melvins herrlich leger steht und Zukunftspotential offenbart. Das leichtfüßig schlendernde Beatles Cover I Want To Tell You gerät etwa beinahe zum schludrigen Lofi-Country, der hektische Sludge von Hideous Woman torkelt mit theatralischer Kante und Synthie-Flimmern  einfach verspielter, ungezwungener. Und der lässig eingeschlafen zum gemütlichen Stoner Rock schippernde Opener The Decay of Lying? Macht ohnedies alles richtig, wenn da Spannungen geradezu schmerzhaft nicht und nicht aufgelöst werden.
Eine Qualität, die Basses Loaded in Summe nicht immer reklamieren kann, vor allem hinten raus. Der Fuzzrock von Phyllis Dillard kann etwa nur eine lahme Breitbeinigkeit kultivieren, denn nicht immer funktionieren die Melvins 1983 mit Mike Dillard an den Drums und Crover eben soschwerfällig mitziehend wie im zäh, zerknautscht und dickflüssigen Geduldsspiel Beer Hippie. Auch nachzuhören im herrlich absurden Schlussakt Take Me Out to the Ball Game – die Baseball-Hymne klingt, als wäre sie mit einem besoffenen Chor am billigsten Keyboard der Welt eingelallt worden. Ohne, dass es jemanden überhaupt geschert hätte, dabei auch wirklich Bass zu spielen. Immer noch charmanter als das enttäuschende Maybe I Am Amused, für dessen bewusst billigen Harmonika-Folk-Metal man flapsig Krist Novoselic angekarrt hat. Grandiose Scheiß Drauf-Gesten ohne Kalkül, sicher. In Momenten wie diesen gehen den Melvins aber auch einfach die Pferde ein bisschen zu sehr durch, die Balance zur Albernheit gerät ins Wanken. Aber im Grunde liebt man die Band ja auch gerade wegen solcher Spinnereien wieder unendlich. Passt also schon absolut so, auch wenn es Basses Loaded zwar liebenswerter, aber nicht unbedingt besser macht.
Vor allem, wenn daneben Großartigkeiten wie das mit sturer Rhythmusarbeit zum anvisierten Exzess polternde Captain Come Down (samt psychedelischer Exkursionen und doch noch auf die gehetzte Überholspur biegendem Exzess) mit dem Butthole Surfer und kongenialen Hold it In-Kumpel Jeff Pinkus oder das herrliche Choco Plumbing – ein knackiges Riffgewitter ala Stoner Witch, das offenbar irgendwo doch die Abzweigung zum Classic Rock nehmen wollte – herausstechen. Letztere Nummer darf man dann übrigens durchaus als Erinnerung hören, dass es mal durchaus wieder an der zeit für eine Platte mit der erweiterten Big Business-Rhythmussektion wäre.

06

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