Dan Mangan + Blacksmith – Club Meds

von am 13. Januar 2015 in Album

Dan Mangan + Blacksmith – Club Meds

They changed my purpose“ singt ein melancholischer Mangan gleich im eröffnenden ‚Offred‚, vor geloopten Soundchleifen und knisternder Elektronik, einem verträumt torkelnden Analog-R&B-Rhythmus und perlenden Gitarren, die sonst nur Vondelpark mit einer derart wunderbar schimmernden Unterwasser-Ästhetik von Radiohead adaptiert haben: ‚Club Meds‚ nicht als Soloalbum des einstigen (?) Vorzeige-Neo-Folkis aus Kanada firmieren zu lassen, sondern seine Band mit aufs Cover zu holen, ist tatsächlich kein Lippenbekenntnis, sondern nur die Spitze eines stilistischen Paradigmenwechsels.

In den vorausgeschickten Singles ‚Vessels‚ und ‚Mouthpiece‚ blickt Mangan zwar im Anschluss an den Opener noch einmal am ehesten zu den direkten Vorgängeralben ‚Nice, Nice, Very Nice‚ und ‚Oh, Fortune‚ zurück: erster ein munter schlapfender Song mit Chorgesang, hibbeligem Gitarrensolo sowie einem Bläsereinfall, der an die Tom Smith-Auftritte bei Tired Pony oder gar Peter Gabriel und Genesis erinnert; zweiter ein flott dahinlaufendes Indiestück mit beschwörender Geste und sich aufbäumenden Postrockgitarren. Selbst sie strahlen allerdings auch stets die immanente Ambition von ‚Club Meds‚ aus mehr sein zu wollen, als einer Welt, die endlich genug von Brimborium von Mumford & Sons hat, nur einen weiteren Vertreter der ermüdenden Folk-Stangeware ala Bear’s Den, Mighty Oaks und Konsorten vorzusetzen; ungeachtet dessen natürlich, dass Mangan die Nase immer schon eine Spur vor den Genrekollegen hatte.
Nun singt er deswegen also Zeilen wie „It takes a village to raise a fool“ oder „Some say below the doughy crust the beast is rising„, will das klangtechnisch in viele Richtungen expandiere ‚Club Meds‚ als explizit politische Platte verstanden wissen und prangert als frischgebackene Vater die Tendenz die allgemeine Tendenz des Menschen an, sich nur zu gerne von der Sinnlosigkeit berieseln und diktieren zu lassen: „Yeah, it’s easier to sing within the crowd„.

Am besten sind die aufgefahrenen 46 Minuten nun deswegen folgerichtig immer dann, wenn Mangans Band (alte Spezis wie Kenton Loewen, Gordon Grdina und John Walsh) den 31 jährigen vollends im Sound aufgehend treiben und kaum einen Gedanken an die Vergangenheit verschwenden lässt, dessen gewichtige Stimme weniger leicht fassbar und nicht mehr derart klar definiert in Szene setzt, die euphorische Unbeschwertheit gegen eine in sich gekehrte Bedrücktheit umwandelt: wenn etwa das vage vor dem inneren Auge verschwimmende Klanglandchaft ‚War Spoils‚ wie die inoffizielle Fortsetzung des grandiosen Interpol-Ambient-Ausflugs ‚The Lighthouse‚ funktioniert, ‚A Doll’s House / Pavlovia‚ in die großen Fußstapfen der erhabenen Kashmir zu treten versucht oder ‚Kitsch‚ so ähnlich auch von den mittelalten Elbow stammen hätte können.
Das wirkt dann auch immer ein bisschen so, als hätte Paul Banks sich nach einem The National-Konzert das Einmaleins von Grizzly Bear zu Herzen genommen und seine Band mit geschlossenen Augen durch die skizzierten Hoheitsgebiete seines traumwandlerischen Melodieverständnisses geführt, ohne sich dabei allzu zugänglichen Strukturen oder gar unmittelbaren Refrains verpflichtet zu fühlen. Die Platte zaubert damit vielschichtiger, tiefgründiger und mit einer behänden, nachdenklichen Melancholie langsamer seine Wirkung entfaltend als seine Vorgänger.

Club Meds‚ macht deswegen allerdings gar nicht notgedrungen alles anders als diese, leuchtet, wenn man so will, nun aber vor allem die bisherigen Hintergrundfacetten explizit über dem direkten Songwriting stehend aus und schiebt die intimenen Verschnaufpausen von einst unter der Lupe in den Fokus. Der mit Streichern unterfütterte Schunkler ‚XVI‚ ist so eine engtanzende Schönheit mit giftigem Blick („cause we’re dying of boredom, there’s nothing to do/ See if you hate the man, the man hates you too„), wie sie auch den ruhigeren Phasen auf ‚Oh Fortune‚ auskommen hätte können; ein ‚Forgetery‚ fußt auf einem regelrecht klassischen Mangan-Refrain und stellt den vielleicht hymnischsten Ausblick der Platte dar – dass der Song abseits davon jedoch in einer ‚The Seperator‚ verehrenden Zappeligkeit verankert ist, führt ebenso wie die abschließende, jazzig ausufernde Wehklage ‚New Skies‚ mit all seinen Trompeten viel eher vor, dass ‚Club Meds‚ die Essenz der Dinge, die man an Mangan bisher schon mögen/lieben konnte/musste auch weiterhin transportiert, auf die fröhlich feiernden Hits allerdings verzichtet und seine Vorzüge ohnedies akribischer kaschiert.
Da fehlen auf Albumlänge zwar die wirklich herausragenden, erschlagenden oder mit Gänsehaut in die Knie zwingenden Genieblitze, wo ‚Club Meds‚ gleichzeitig mit einer noch deutlicheren Abnabelung von der Solo-Vergangenheit sogar überragend gelingen hätte können – was aber letztendlich nichts daran ändert, es hier mit der sorgfältigsten, nachhaltigsten, gewichtigsten und auch besten Mangan-Veröffentlichung bisher zu tun zu haben. Vielleicht für die Zukunft wichtiger sogar: dem neujustierenden Grundstein, auf dem das Schaffen des Kanadiers in ganz neue Sphären vordringen könnte.

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