Hot Water Music – Live in Chicago

von am 3. Februar 2013 in Livealbum

Hot Water Music – Live in Chicago

Eine schweißtreibende Hot Water Music Liveshow in Natura kann selbst ‚Live in Chicago‚ nicht ersetzen – kommt dabei aber dem Vergnügen, die wiedervereinigte Gainesville-Legende auf der Bühne zu (sehen aber mehr noch) hören so nahe, wie das einem Mitschnitt wohl möglich sein kann.


Was lange währt, wird also endlich gut – zog sich ja lange genug hin, bis ‚Live in Chicago‚ nun tatsächlich in einem Stück vorliegt. Die Wartezeit war es jedoch wert: für Langzeit-Fans, welche bei der gleichnamigen limitierten sechsteiligen 7″-Single Reihe aufgrund der Verfügbarkeit aufgaben oder schlicht bei den Ebay/Discogs-Preisen nicht mitmachen wollten; für die Hardcore-Fraktion, die ohnedies nie genug Veröffentlichungen von Hot Water Music kredenzt bekommen kann und schon längstens ein zeitgemäßeres Update von ‚Live at the Hardback‚ von 1999 herbeisehnte; für all jene sogar, die ‚Live in Chicago‚ als durchgeschwitzte Best-of-Compilation verstehen wollen; auch für den eifrigen Konzertgeher, der sich hiermit leichter an die Ekstase erinnert fühlen darf, die einen Hot Water Music-Gig immer auch zu einem beinahe magischen Erlebnis heranwachsen lässt und unerbittlich der nächsten Audienz der Band entgegenfiebern lässt. Und so weiter.

Macht ‚Live in Chicago‚ doch grundlegend alles richtig, was man an einer Liveplatte richtig machen kann. Das beginnt bei der Songauswahl, die bei großzügigen 30 Songtitel in über eineinhalb Stunden nahezu alles dabei hat, was man sich wünschen kann. Oder anders ausgedrückt: wer mit dem Hit-Viererpack ‚A Flight and a Crash‚, ‚Remedy‚, ‚Wayfarer‚ und ‚Trusty Chords‚ eröffnet und damit noch nicht alle Trümpfe verspielt hat, dürfte auch gerne ein noch erschöpfenderes Livepaket servieren. So aber spielen sich Hot Water Music atemlos durch erstaunlich kurzweilige 95 Minuten, die keine Längen aufkommen lassen, in ausgewogener Konzentration auf alle Schaffensphasen auch keine Schmankerl abseits der sieben Studioplatten scheut. Album Nummer 8, die gelungene Tonträger-Rückmeldung ‚Exister‚ fehlt natürlich – wurde ‚Live in Chicago‚ doch im Rahmen der Comebacktour an den ersten beiden Februartagen 2008 aufgenommen und ohne gravierende Nahtnarben zu einem flüssigen Ganzen durchgemischt.

Hot Water Music spielen sich also motiviert und kraftvoll durch ihre beiden Sets, Euphorie herrscht auf wie vor der Bühne,  und hier findet sich der zweite große Pluspunkt dieser Liveplatte: der Mitschnitt kommt in packendem, aber ungeschönt schmutzigen Sound daher und vermittelt die Stimmung eines Konzerts der Band annähernd stimmig – man will bei Hot Water Music ja immer Dinge wie „absolut ehrlich“ oder „hemdsärmelig“ schreiben, was aber auf den druckvollen Klang hier auch zuträfe. Nicht jeder Ton oder Akkord sitzt hundertpro, das Gefühl dafür umso mehr, die explosive Spielfreude der Band schwappt über, dass nicht unter den Tisch gekehrte Publikum darf während Ragans kurzen Dankesansagen frenetisch jubeln, verschwindet dann wieder weiter hinten im Mix und gibt den Blick frei für das Wesentliche. Alleine die noisedurchflutete Leadgitarre von ‚Free Radio Gainesville‚ könnte Skeptiker von der Sinnhaftigkeit von Livealben überzeugen, ‚Moonpies For Misfits‚ klang gefühltermaßen nie besser als hier – und unterstreicht einmal mehr, dass Jason Black neben Matt Freeman der wahrscheinlich beste Bassist des Punkrock sein dürfte. Neben seiner so kompakt und makellos eingespielten Band bleibt er freilich nur einer von vier Puzzleteilen.

Sucht man ein Haar in der Suppe, findet sich dieses höchstens in der letztendlichen Veröffentlichungsweise. Dass ‚Live in Chicago‚ als unheimlich schicke 3 LP-Version erscheint ist natürlich eine tolle Sache für Vinyl-Anhänger, dass der durchaus dynamisch inszenierte, sauber gefilmte Video-Mitschnitt der Konzerte (siehe etwa ‚Turnstile‚) aber nur der Doppel-CD-Version beigepackt wurde hinterlässt einen dezent faden Beigeschmack, hat der eine oder andere Analog-Freund ja angeblich doch auch die Möglichkeit DVD’s abzuspielen. Dem transportierten Unterhaltungswert von ‚Live in Chicago‚ schadet dies wenn überhaupt nur marginal, sehen doch bei ehrlicher Betrachtung die wenigsten einen Konzertmitschnitt öfter als einmal an. Weil eben keine Liveaufnahme die Stimmung vor der Bühne ersetzen kann, da wird hier keine Ausnahme gemacht. Nur wenige derartige Platten machen aber so heiß auf das nächste Konzert wie ‚Live in Chicago‚.

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