Mando Diao – Aelita

von am 12. Mai 2014 in Reviews

Mando Diao – Aelita

Caligola war erst der Anfang und das Augenkrebs-Cover von ‚Ælita‚ der richtige Gradmesser: Mando Diao haben Giorgio Moroder entdeckt, verstellen sich mit dem titelgebenden Synthesizer sowjetischer Herkunft den Weg zu zwingendem Songwriting und erheben den schlechten Geschmack kurzerhand zum Stilmittel.

Die Schweden kommen 14 Jahre nach ihrem Garagenrockdebüt dort an, wo es The Killers, The Strokes, die Editors oder jüngst auch Maximo Park bereits hinverschlagen hat: mitten in den 80ern. Für den Wechsel von Indie zu Elektro holen sich Mando Diao sicher keinen Originalitätspreis ab (auf derartiges haben es Gustaf Norén, Björn Dixgård und ihre Handlanger es aber ohnedies noch nie abgesehen gehabt) – die Holzhammer-Konsequenz mit der das Quintett den Trends mit einigem Abstand hinterherhinkend ihr Ding rücksichtslos durchzieht ist allerdings durchaus beachtlich.
Wenn schon, denn schon lautet die Devise, Mando Diao langen in die Vollen und ziehen die Fronten selbst für langjährige Fans auf polarisierende Art, freilich nicht ohne diesen doch die eine oder andere Hilfsleinen zuzuwerfen: ‚Black Saturday‚ eröffnet als ideenloser Zwilling von ‚Dance with Somebody‚ recycelnd dort, wo die Schweden die deutschen Charts 2009 für den Zwischenschritt mit ‚Infruset‚ verlassen haben, dem Kredo des messy Albumartworks folgend tun sie dies nicht kleckernd sondern klotztend, indem sie den Opener mit funkelndem Synthie und brünftigem Keytar-Föhnfrisursolo auftackeln. Danach gibt es kein Halten mehr. Der Daft PunkFunkbass gurgelt, Elektrodrums galoppieren, weibliche Backingchöre zerren zweckdienlichen Fabrikssoul in die Gänge, Streicher kriechen aus der Steckdose und selbst vor käsigem Vocodereinsatz schrecken Mando Diao nicht zurück: über das komatös plätschernde ‚If I Don’t Have You‚ könnte jederzeit ein Lil Wayne-Feature hereinbrechen – weitsichtig versucht sich Norén aber doch gleich selbst als Rapper.

Dennoch: rein theoretisch steht dieses neue, mit absolut ironiefreiem Ernst angelegte Gewand den Schweden sogar durchaus besser als so manchen Artgenossen – etwa wenn Norén und Dixgård im Mariachi-Ausflug ‚Wet Dreams‚ voller Inbrunst ihre beziehungsbefindlichen Kindergartentexte und Brechstangenreime röhren und croonen, sich für ‚Lonely Driver‚ ins sonnige Miami Vice City zurücklehnen oder die Band sich im stupiden, aber hartnäckig programmierten ‚Romeo‚ ausgelassen unter blinkenden Neonröhren über den Dancefloor dreht und man die besten Momente der Platte durchaus als unoriginell aber nicht reizlos ausgebreitete Authentizitätsnachahmung der Wendehälse durchgehen lassen kann.
Das schwerwiegende Problem von ‚Ælita‚ liegt praktisch aber darin, dass all dies kaum etwas wert ist, weil die neuen Optionen die Songwriter Norén und Dixgård auch nachlässig haben werden lassen, Mando Diao den neugefundenen Sound nicht nur den Inhalt diktieren lassen, sondern diesen stets aus den Augen verlieren und abseits einiger uninspirierten Totalausfällen beinahe alle vielversprechenden Ansätze schier endlos und bis zum Erbrechen auswalzen: nur ‚Black Saturday‚ kommt in knappen 3 Minuten ins Ziel, die restlichen 9 Songs mäandern um nette, schnell einnehmende Melodien schwebend selbstverliebt in der stimmungsvoll kreierten Atmosphäre (trotz allem: genau hier liegt die tatsächliche Stärke der Platte), eine durschnittliche Songlänge von über 5 Minuten spiegelt absolut nicht das Maß der dem Album zugrunde liegenden Ideen wider. ‚Ælita‚ labt sich an seiner eigenen galligen Herangehensweise, irrt wie im narkotisierenden Drogentrip durch die Discotheken, kaschiert anhand seiner so umnebelten wie prinzipientreuen Inszenierung aber deutlich geschickter als das brutal öde ‚Give Me Fire‚ die anhaltenden Ermüdungserscheinungen im Hause Mando Diao.

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1 Trackback

  • Mando Diao - Good Times - HeavyPop.at - […] Norén hat Mando Diao verlassen, während die kruden Synthie-Spinnereien von Ælita von einem Give Me Fire!-Sound-Rückschritt domestiziert worden. Das…

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