Metallica [09.07.2014: Krieau, Wien]

von am 13. Juli 2014 in Featured, Reviews

Metallica [09.07.2014: Krieau, Wien]

Thrash-Metal als umgängliches und fanfreundliches Unterhaltungsprogramm: Metallica liefern in der Krieau trotz einiger Kratzer im Lack erwartungsgemäß adäquat und routiniert ab.

Metallica-Shows sind immer auch Business-Angelegenheiten. Vielleicht war das sogar noch nie deutlicher als ausgerechnet jener Tour, bei der die Metalmaschinerie die Wahl der Setliste vermeintlicherweise in die Hände der Fans legt. Praktisch speisen sich nun natürlich alle Termine trotz der 30 jährigen Bandgeschichte (exklusive ‚Lulu‚) aus dem selben Songpool von annähernd 25 Kompositionen – serviert wird also quasi das wertkonservative Best of Programm, das es ohne aktuelle Platte in der Pipeline wohl ohnedies in so ähnlicher Form geregnet hätte.
Bevor Metallica nun also den klassischen Songreigen traditionell mit ‚The Extasy of Gold‚ einleiten erklären sie via rasant geschnittenem Video noch einmal allen Anwesenden das für die Band augenscheinlich irrste Konzept seit der Erfindung der Science Fiction, vergessen davor schon nicht in regelmäßigen Abständen Werbungen zu schalten, die motivieren sollen einen der drei Songs, die es knapp nicht auf die Setliste geschafft haben, via SMS doch noch an Bord zu holen. Eine glückliche Fügung: dass sich zwischen ‚Blackened‚ und ‚Creeping Death‚ ein Kopf an Kopf-Rennen entwickelt (Hetfields Favorit ‚Fuel‚ fällt chancenlos aus – „You guys like the fast ones!„) fördert nicht nur die, nun ja, Dramatik, sondern vor allem auch die kostenpflichtige Wahlbeteiligung. Besonders Metal ist das alles nicht – nicht einmal von der Band mit der eigenen Monopoly-Edition. Und ja – man erlebt die Band in diesen Momenten beim hemmungslosen Mäusemelken. Aber: Metallica wissen daneben eben auch wie man den Fans etwas für ihr Geld bietet.

Das beginnt bei den Vorbands, die anderswo ganze Festivalnachmittage neidisch werden lassen könnten. Ob Kvelertak auch im sonnigen Open Air-Szenario derart bestechend brillieren wie wenige Tage zuvor im Club-Umfeld können bedingt durch Anreiseverkehr/Arbeitsstress hinsichtlich der frühen Stagetime von 16.30 Uhr nur wenige der letztendlich knapp 50.000 Besucher bezeugen. Ähnliches soll auch für Children of Bodom gegolten haben. Mit den pünktlich um 18.30 Uhr startenden Alice in Chains füllt sich das staubige Areal allerdings dann doch noch rechtzeitig.
Sollte es bis zu diesem Zeitpunkt noch irgendwelche Bedenken ob der Existenzberechtigung der Seattle-Legende um den optisch mittlerweile ent-grungten Jerry Cantrell gegeben haben – die knapp 70 minütige Performance der wiederbelebten Band fegt diese trotz suboptimalen Begleitumstände mühelos weg. William DuVall macht seine Sache ausgezeichnet, ist stimmlich zwar nahe an Layne Staley, aber keine Imitation des Ausnahmesängers, weswegen man sich auch gar nicht fragen muss ob Staley heute bei Songs wie ‚Man in the Box‚ oder ‚Would?‚ auch zu derart stimmungsmachenden Gesten gegriffen hätte – DuValle macht es eben. Mit viel Charisma. So reihen sich zahlreiche Hits nahtlos an Vertreter der starken Comebackalben  ‚Black Gives Way to Blue‚ und ‚The Devil Put Dinosaurs Here‚, die Melancholie der Band groovt heavy im verhaltenen Sonnenschein des kühlen Abends.
Im gegebenen Umfeld wird werden die Stärken der Band dennoch verheizt: weil neben einigen anwesenden Fans das Publikum weithin offenkundiges Desinteresse an den Tag legt oder ohnedies nur damit beschäftigt ist sich für Metallica warmzusaufen und Location, Uhrzeit sowie Wetter zusätzlich gegen – die hoffentlich bald in anderem Rahmen zu erlebenden – Alice in Chains arbeiten.

Dabei zeigen sich schon hier die Schattenseiten mit denen auch die knapp zweistündige Show des Hauptacts zu kämpfen haben wird: ultimative Stimmung will im weitläufigen Areal keine aufkommen (man möchte gar unterstellen: zahlreiche Besucher sind nicht wegen der Musik hier…sondern um hier zu sein), dafür aber massive Soundunstimmigkeiten, weil sich die gefühltermaßen vordergründig auf Lautheit ausgerichteten Verstärkerwände in der Ebene verlieren, von hinten aber mit einer Hallwand zu kämpfen haben und der Wind den Klang zudem auch noch verträgt. Ulrich’s Bassdrum klingt fett, der Bass rumort ordentlich, die vereinzelt auftretende Akustische perlt klar, hier und da brechen die Gitarren in den Spitzen aber einfach um. Dass die Band sich zudem auch einige technische Schlampereien leistet (die man so auf einem ‚Through the Never‚ etwa nicht zu hören bekommt) lässt das gigantische Spektakel dann aber schon wieder regelrecht nonchalant wirken. Da passt es dann auch nur zu gut in den Rahmen dass Hetfield zu Späßchen hinreißen lässt und Metallica bereitwillig für die Handvoll auf der Bühne stehen dürfenden Fans posen: ein publikumsfreundlicher Abend für die ganze Familie im suboptimalen Open Air-Gewand eben.

Zu Meckern gibt es deswegen auch wenig. Vielleicht, dass ‚St. Anger‚ mit zuviel Tritt aufs Gaspedal zerkloppt wird und das neue ‚Lords of Summer‚ auch in der Liveversion nur eine sinnlose Aneinanderreihung von schwachen Ideen ist, die zwischen all den Evergreens und gefeierten Stimmungsmachern wie ‚Nothing Else Matters‚ oder ‚Whiskey in the Jar‚ nicht nur untergeht, sondern weitestgehend für Langeweile sorgt. Die unmotiviert eingestreuten Soli von Hammett und Trujillo – nicht sonderlich inspiriert, aber nun mal (ungevotet) am Programm stehend. Metallica sind eben vor allem Dienstleister – und in dieser Funktion nahezu makellos abliefernd. Auf zahlreichen Videowalls lässt die Bühne deswegen immer wieder ihre Muskeln spielen, alleine die Laserpointershow während ‚One‚ ist bombastisch – über ein Dutzend an unsterblichen Klassikern (überwiegend vom Black Album und ‚Master of Puppets‚ zusammengetragen) spricht ohnedies für sich. Dass die Kameras problemlos scheinbar intuitiven Gesten vorweggleiten können passt da nur zu gut ins Gesamtbild der inszenierten Spontanität: bis unzählige schwarze Ballons das böse ‚Seek and Destroy‚ zur Partyzone mutieren lassen wird hier nichts dem Zufall überlassen.
Zurück bleibt eine energiegeladene und statische Power, die nicht auf emotionaler Ebene funktionieren soll, aber mit ihrer Vorhersehbarkeit alle Erwartungen punktgenau befriedigt – und es sich gerade deswegen leisten kann auf Überraschungen vollends zu verzichten. In gewisser Weise ist das Gastspiel des Metal-Flagschiffs vielleicht sogar so etwas wie das Äquivalent des jüngsten Pearl Jam Konzertabends in der Stadthalle.

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