Ryan Adams – Morning Glory

von am 14. April 2023 in Album

Ryan Adams – Morning Glory

Der derzeit durch England tourende Ryan Adams bastelt sich aus dem Material von (What’s the Story) Morning Glory? und einigen dazugehörigen B-Seiten seine eigene Tribute-Version des Oasis-Meisterwerks zusammen.

Zumindest aus medialer Hinsicht mag Adams (trotz allem) noch immer eine Persona Non Grata sein – ein Interesse an den Veröffentlichungen des Musikers besteht aber offenbar weiterhin: Dass der Eigen-Vertrieb von Morning Glory etwas unrund verläuft, hat nämlich weniger damit zu tun, dass der Gratis-Download nur in nicht restlos befriedigender 160 kbit-Version zu haben ist (bevor eine Variante in besserer Qualität für etwaige Streaming-Dienste nachgereicht werden wird), sondern damit, dass er auch nach dem Erwerb der unentgeltlich zu erstehenden Platte erst stundenlang nicht möglich ist, weil Paxam ob der Nachfrage offenbar so überlastet ist (Spoiler: auch die Reviews zu Nebraska und Blood on the Tracks gehören übrigens zu den meistgelesenen Artikeln der jüngeren Vergangenheit von Heavy Pop).
Abgesehen von diesem kleinen technischen Fauxpas (den man ob der erneuten Großzügigkeit von Adams, die Platte wieder zum Nulltarif anzubieten, aber sowieso nicht negativ auslegen kann und will) macht der 48 jährige mit seiner Interpretation von Morning Glory aber praktisch kaum etwas wirklich falsch – selbst der wieder einmal viel zu übertriebenen Einsatz von Reverb auf der Stimme fällt diesmal nur selten (wie etwa am Anfang des letztendlich mit Streichern ausgeschmückten, anmutig in seiner grandiosen Atmosphäre versinkenden Cast No Shadow) negativ auf.

Morning Glory (Ryan’s Version) lebt schließlich vor allem von seiner überlegten Stimmung, die das Songmaterial weit zurückgelehnt in die dunkle Melancholie drosselt und einen Tiefgang zeigt, der dem Material hervorragend steht.
Gleich Hello tauscht dafür die Aufbruchstimmung gegen eine abgekämpfte Nachdenklichkeit, spendiert den Hall am Ende gar dunkle Synthies, bevor auch das latent hellere, klarere Hey Now wie eine bekümmerte Kurt Vile-Nummer mit aller Zeit der Welt klingt. Some Might Say schwelgt still und traurig in der allgemeinen Zurückhaltung über die Keyboard-Schwaden, bevor She’s Electric (als Anti-Rock mit schief fistelndem Doppel-Gesang und relaxt-lockerem Rhythmus) und (das bauchigere) Talk Tonight entspannt schippern. Die ruhige Andacht Don’t Look Back In Anger wählt die intie Verletzlichkeit anstelle der Hymne, wirkt so auch mit ein paar dezent angekitschten Streichern keineswegs gallig, was so auch für das orchestrale Finale des Real Estate-Anachronismus Rocking Chair gilt, derweil Headshrinker bluesig rockend cool angehangen auftritt und der Titelsong exemplarisch wirkt, als hätte sich Neil Young der Nummer mit seltsam locker federndem Groove angekommen, hinten raus heulend brutzelnd.

Nicht ganz so gut gelingt als das launige Roll With It, das quasi Merchandise aus der beliebig nebenher laufenden Perspektive ohne Chuzpe und Momentum zeigt; im gefälligen Acquiesce plätschern die Gitarren und rostige Harmonie-Gesänge; das Update Wonderwall (2023 Version) scheitert relativ redundant an seinem durchaus legendären Vorgänger; und Champagne Supernova ersäuft zuerst im Reverb, überzeugt dann stimmiger, wenn die Drums einsetzen, bleibt aber selbst mit sinfonischen Tupfern letztendlich unterwältigend.
Trotzdem: gerade als Ganzes ist das stilistisch und ästhetisch so homogene Morning Glory eine überraschend einnehmende Angelegenheit geworden, die Adams selbst wohl am besten umschreibt: „It’s been meticulously mastered and has real british string sections, raw and beautiful guitars and I did my best to keep the essence of this masterpiece but look for new meaning, a new way to tell this story… by taking the long way round. It’s maybe my favourite thing I ever made. Weirdly like Love is Hell had a brother from another mother maybe. You’ll feel like you’re watching Corrie in 1986 but if you were a slightly damaged American greaser.

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