Thundercat – The Beyond / Where the Giants Roam

von am 13. Juli 2015 in EP

Thundercat – The Beyond / Where the Giants Roam

Stephen Bruner nutzt im Sog seiner Beteiligung an den jüngsten Alben von Flying Lotus, Kendrick Lamar und Kamasi Washington die Gunst der Stunde mit einem unverbindlichen Mini-Album, das in seiner eigenen Kontinuität schwebend jedwedes Zeitgefühl aufhebt.

Wo man anderen Musikern in der Situation, in der Thundercat sich momentan befindet – nämlich in einem Triumphzug des künstlerische Erfolgs zu stecken, allerdings eben aus der zweiten Reihe agierend – nur zu leicht unterstellen wollen würde sich opportunistisch auf die aktuelle Welle der Aufmerksamkeit zu stürzen, die Brainfeeder aktuell zuteil wird, lässt keine Sekunde auf ‚The Beyond / Where the Giants Roam‚ diese Annahme zu: die 17 Minuten der EP wirken wie zufällig an Land gespült, gedankenverloren, verträumt, ohne Forcierung gewachsen. Das sphärische, ätherische, fast meditative Feeling definiert den Gesamteindruck, die sechs Songs sind in alle Richtungen offen, aber weniger unentschlossen: Thundercat hat über die mitunter doch auch erzwungen und aufmerksamkeitshaschend wirkenden ‚The Golden Age of Apocalypse‚ und ‚Apocalypse‚ mittlerweile offenbar einen klareren Blick darauf bekommen, wohin er als Songwriter möchte, balanciert ‚The Beyond / Where the Giants Roam‚ mit nachhaltigeren Melodien und Hooks im mit viel Falsett, zurückhaltender Percussion, weichem Fuzz und verwaschenen Reverb pendelnden Spektrum aus.

Die verschlummerte Orgelweichzeichnung ‚Hard Times‚ baut ihr Fundament insofern orakelnd auf die Erkenntnis „Time to shed some skin„, dass der Basslauf im entspannten ‚Song for the Dead‚ eigentlich zehn Klassen virtuoser ist als auf anderen Alben in Szene gesetzt ist, damit protzt Thundercat nicht, sondern lässt Understatement walten. Dem funky versponnen-stacksendes Gebilde ‚Them Changes‚ erlaubt er deswegen wohl auch gerade dann in der Versenkung zu verschwinden, wenn Kamasi Washingtons Trompetensolo und ein flapsiges Piano in den Song zu tröpfeln beginnen. ‚Lone Wolf and Cub‚ ist anderswo ansetzend eventuell geschmeidiger Folk mit den Mitteln des Brainfeederjazz, aber auch dösend treibendes R&B-Versatzstück, das irgendwo Herbie Hancock unterbringt, dann seine Muskeln spielen lässt, während sich dahinter die Türen der Wahrnehmung auftun, trippige Soundwelten wabbern.
The Beyond / Where the Giants Roam‚ ist nicht nur hier eine produktionstechnisch butterweiche Glanztat, darunter griffiger als seine beiden Langspielvorgänger, bleibt aber auch in weiterer Folge schwer zu fassen. Nachdem das in die Verdammnis jaulende ‚That Moment‚ ungemütlich düster durch den Nebel streifend eine beklemmende Abgründigkeit ausstrahlt, ist ‚Where The Giants Roam / Field of the Nephilim‚ folgerichtig eine verloren plätschernde Sinnsuche, die seine eigene Bestimmung in der Ungewissheit findet. Als im Hintergrund agierende Schaltstelle eines großen Uhrwerks entfaltet Thundercat seine genialistischen Geistesblitze zwar immer noch mit größerem Wirkungsradius als im Rampenlicht stehend – als Solokünstler hat Bruner seine Stärken bisher aber auch noch nicht erfüllender ausgespielt als hier. ‚The Beyond / Where the Giants Roam‚ ist deswegen auch ein bisschen dort, wo Thundercat zu sich selbst gefunden hat.

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