Will Haven – VII
VII reiht sich als zweites Album von Will Haven nach ihrem fabelhaften Quasi-Comeback Muerte von 2018 nahtlos in den bisherigen Backkatalog der Band ein, gönnt seiner bedingungslosen Zuverlässigkeit aber auch eine markant individuelle Färbung.
„We began working on songs right before Covid hit, so we spent those years just messing around with ideas, riffs, and arrangements. The creation of this record was a bit of a process, but it gave us an escape from everything else going on in the world. To this day, I am still trying to wrap my head around this record. It’s heavy, chaotic, mellow, beautiful, and dark. It’s more of an art piece than your normal standard songs, and that’s exactly what we wanted.“ fasst Jeff Irwin den Entstehungsprozess sowie das Wesen von VII adäquat zusammen.
Einer Platte, die einerseits sicherlich so absolut zuverlässig darin ist, die etablierten Will Haven-Trademarks in einer selbstsicheren Prägnanz so fokussiert zu zelebrieren, wenn der von (dem einen generell fabelhaften, weil die Charakteristiken der Band prägnant und schnörkellos bändigenden Job erledigenden) Joe Johnston weltklasse organisch produzierte Drumsound als Grundlage packt, auf dem sich die Deftones-würdigen Riffwülste wie die heavy Grandezza aus einer Parallelwelt der 90er in nihilistischer Schwärze und sludgy Agonie ausbreiten, und Frontmann Grady Avenell seine panisch brüllenden, gepeinigten Vocals wie aus einem verwunschen hallenden Äther faucht.
Dennoch tun Will Haven andererseits auch wirklich mehr, als ihrem makellosen Kanon „nur“ einen weiteren Instant-Pleaser beizubringen, immerhin wiegt das Gefüge aus Avenell, Jeff Irwin (guitar/keyboards/vocals), Schlagzeuger Mitch Wheeler, Bassist Adrian Contreras füllen den durch den Abgang von Gitarrist Anthony Paganelli (der ja mittlerweile mit Lance Jackman und Chelsea Wolfes Miss Piss Jess Gowrie Horseneck gegründet hat) freigewordenen Raum durch Sean Bivins (keyboards/piano) und damit weiteren Tasten auf: VII ist subtil und doch allgegenwärtigen von einer flächigen Synth-Präsenz durchzogen, die sich wie eine postapokalyptische Dunkelheit über den pragmatisch gepressten Äther legt, schon in Luna am Wechselspiel aus ballerndem Beschleunigungsstreifen und dystopisch gefärbter Aggression in monolithischem Licht strahlt. Wings of Mariposa (als Variation des nu-metallischem Groove) und (das impulsiver mit epochaler Trance-Kathedralenkuppel texturierte) Diablito wirken insofern wie Hardcore in kosmischen Sphären, deren Horizont sich gerne ewig strecken hätte können, doch dreht die Band lieber in den Suspence-Ambient der Blade Runner-Nostalgie Diablito II als zu knapp bemessenen Appendix ab.
Auch sonst ist der seine eigene Kampfzone im Will Haven-Universum absteckende Charakter von VII immanent, wiewohl der Sound nicht nur der Ästhetik zusätzliche Nuancen abringt, sondern generell wie ein sinister schimmerndes Kerosin für das Songwriting wirkt.
5 of Fire badet mit knarzendem Bass in elegischen Schattenseite der Brutalität, derweil das stoisch kasteiende For All of Future Time das Verderben so beschwörend von der Kanzel predigt, bis der repetierte Doom erlösend erschlägt.
Paloma’s Blessing ist eine zähe Planierraupe, in die Paloma Lozoya eine alptraumhaften singsangelnde Melodiösität streut, hinter der sich seltsam bezaubernde Landschaft in den Abgrund auftun. Aus No Stars to Guide Me hätten andere Bands wohl eine melancholische Ballade gemacht, doch bei Will Haven poltert der Noise bis zur fräsenden, tackernden, ja gar hymnischen Attacke, bevor sich Feeding the Soil so zähflüssig wie trostlos in die Schönheit eines Lovecraft’schen, traurigen Suspense legt, und La ultima nota eine zwischen letzten Kraftakten aufrichtende Kaskaden und von Fans gestemmte Klanginstallation den mäandernden Epilog anbietet.
Obwohl VII danach wie praktisch alle Will Haven-Werke mehr als die Summe seiner Teile ist, gelingt den Kalifornier (auch) diesmal (wieder) kein wirklich aus der Masse herausragender Genieblitz – am ehesten meldet sich noch Evolution of Man dafür an, das abgründig nach vorne peitscht, um sich kasteiend zu schleppen und vom Reykjavik Osburn Bigfeather mit sakraler Hypnose erheben zu lassen. Ohne einen solchen wird sich der Durchbruch in die erste Liga der Metal-Aufmerksamkeit wohl weiterhin nicht einstellen – wenn VII aber etwas demonstriert, dann dass Will Haven mit der Rolle des ewigen Underdogs nicht nur verdammt gut leben können, sondern die Band auch einen unstillbaren Hunger aus dieser Tatsache zu ziehen scheint.
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