Crash Of Rhinos – Knots
Crash of Rhinos gelingt der Spagat zwischen Mathrock und Post-Hardcore im zweiten Anlauf noch besser als der erste. Mehr noch: das Quintett unterstreicht mit ‚Knots‚ nicht nur, dass 2013 ein wahrlich revitalisierendes Jahr für längst verloren geglaubten Emocore ist – sondern reklamiert in seinen besten Momenten gleich die Genrekrone für sich.
The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die, The Appleseed Cast oder Rika haben dabei in diesem Jahr und zumindest weitestgehend ähnlicher Schiene bereits beachtlich vorgelegt – selbst die alten Helden von Jimmy Eat World reklamierten heuer einen dezenten Anstieg der weichgespülten Formkurve für sich. In vager Nähe zu der vom Midwesten-Emo der USA geprägten musikalischen Verwandtschaft setzten nun auch Crash of Rhinos nach dem bereits mehr als beachtlichen (Name-Your-Price-) Einstand ‚Distal‚ zur Leistungssteigerung an.
Die Engländer verknoten dafür vieles von dem, was bereits Sunny Day Real Estate, der Dischord-Rooster und J. Robbins so gut und richtig machten, packen ihr Stilkonglomerat aber mit Nachdruck und vor allem der nötigen Härte dort an, wo Harcore dem „Emo“ einen knappen Vorzug gegenüber dem „Post“ gegeben hat und landen damit nicht selten auch in der Nähe von Braid, Small Brown Bike oder den jungen Hot Water Music. Vordergründig immer dann, wenn da plötzlich mit Reibeisenstimme aus der zweiten Reihe voller Herzblut gegrölt wird und ein wilder Tummelplatz am Mikro und vorderste Bandposition ausgebrochen ist.
Crash of Rhinos sorgen weiterhin genüsslich für keine klaren Fronten: als „Five voices, two guitars, two basses, one drum kit. We make a racket.“ beschreiben sich die Fünf und meinen damit, dass alleine der Gesang der Band mal als brüderlich übereinander herfallendes Gemeinschaftserlebnis, dann wieder als impulsiver Staffellauf interpretiert wird. Will da jemand aus dem Gefüge ausbrechen, ziehen die anderen mit oder laufen dagegen Sturm, was mit der Tür ins Haus fällt (‚Interiors‚) wird dazu mit der nötigen Leidenschaft ausgestattet.
Von Chaos ist dabei wie schon auf ‚Distal‚ keine Spur, vielmehr ist auch ‚Knots‚ sogar noch eine Spur detaillierter, komplexer und ausgefuchster – selbst wenn Crash of Rhinos ihre Mathrock-Liebe hier mal gen Indie schrauben (‚Mannheim‚), mal in Richtung epischen Mogwai-Postrocks mutieren lassen (‚Standards & Practice‚) und sie grundsätzlich stärker zwischen den Zeilen artikulieren. In all den sorgfältig und vielschichtig und sorgsam ineinanderperlenden Gitarrenarbeiten, vor allem aber dem heimlichen Highlight der Platte: dem nimmermüde pulsierenden, treibenden, attackierenden Schlagzeugspiel von Oli Craven. In Kombination mit dem brillant auf den Leib geschneiderten Drumsound – kantig und voll, dumpf und lebendig, kraftvoll ohne muskulös sein zu müssen – lässt ‚Knots‚ bei der aufgefahrenen Impulsivität gar Erinnerung an die ungestüme Anfangsphase von …And You Will Know Us by the Trail of Dead aufkommen.
Die texanischen Kollegen würden einen sich gepflegt zusammenbrauenden Wirbelwind wie ‚Impasses‚ vermutlich anerkennend abnicken; und auch das restliche Songmaterial bringt die Stärken der Band auf ein neues Level. Zwischen atmosphärisch dichten, melancholischen, weitläufigen Melodiebögen und energisch nach vorne preschender Percussion lotet bereits ‚Luck Has A Name‚ ein breites Spektrum aus, nimmt das stetige Wechselbad der Gefühle auf ‚Knots‚ vorweg. Es folgen bunt durchs Studio tollendende, kratzbürstig mit berstendem Herzen vorgetragene Hits (‚Opener‚) oder Rückblicke auf Incubus‘ ‚Ocean View‚ samt dazwischen zündenden Hookline-Explosionen (‚Sum of All Parts‚) und überhaupt reihenweise verschachtelte Ohrwürmer, die erst einmal erarbeitet werden wollen und müssen. Da kommen zurückgenommene, instrumentale Verschnaufpausen wie das betörende Gitarrengezupfe ‚Everything Is‚ oder das elegisch in sich gekehrte Krafttanken von ‚The Reason I Took So Long‚ als Ruhepole nur allzu gelegen.
Zumal Crash of Rhinos am Ende noch einmal richtig eindringlich auftrumpfen: ‚Lean Out‚ ist als von einem pulsierenden Schlagzeug getragene, tröpfelnde Pianoelegie der vielleicht ergreifendste und schlichtweg schönste Moment der Platte. Und wenn das überragende ‚Speeds Of Ocean Greyhounds‚ abschließend wild zwischen den Tempi umschaltet, dann sollte endgültig klar sein, dass die Prophezeiung von ‚Distal‚ sich als Unsinn erwiesen hat: „I have a future in failing“ hieß es damals – dabei stehen Crash of Rhinos spätestens jetzt inmitten aller Genrefronten mutmaßlich bereit zum Absprung Richtung Meisterwerk.
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