Fake Names – Fake Names

von am 15. Mai 2020 in Album

Fake Names – Fake Names

Wenn das Cover-Artwork mehr ungestüme Energie besitzt, als die Musik dahinter: Die prolongierte Supergroup Fake Names um drei verdiente 80er-Helden und ihren Refused-Sänger spielt auf dem selbstbetitelten Debüt harmlos-netten Power Pop/ Punkrock.

Wenn All for Sale den Reigen eröffnet, ist offensichtlich, dass sich der lyrische Themengehalt von Dennis Lyxzén in den vergangenen 20 Jahren (und natürlich darüber hinaus) kaum geändert hat, sein Gespür für das zwingende, dringliche Momentum in catchy Protestliedern seit A New Morning, Changing Weather aber doch merklich nachgelassen ist. Mit mehr Leidenschaft und Hingabe in der Intonation des Schwedens hätte später nämlich nicht nur auch das gackernde First Everlasting durchaus eine Granate anstelle eines müden Standards sein können.
Freilich ist es allerdings nicht fair, sich primär an der Performance des an vorderster Rampenlicht-Front stehenden Lyxzén aufzuhängen. Denn rund um die federführenden Achse aus Brian Baker (Minor Threat, Dag Nasty, Bad Religion) und Michael Hampton (S.O.A., Embrace, One Last Wish) sowie Johnny Temple (Girls Against Boys, Soulside) am Bass trägt hier das gesamte Allstar-Gefüge zu jenen Punkten bei, die Fake Names vorerst nur zu einer gefällig nebenbei spielenden Band machen, die ihre Kurzweiligkeit weder in markantes Gewicht ummünzen kann, noch der relativen Fallhöhe der Szene-Reputation gerecht wird. (Aber gut – die Erwartungshaltung war durch die jüngste Refused-Tat War Music wohl ohnedies nicht überall die größte, während etwa an der anhaltenden Konstanz von Bad Religion auch andere Verantwortliche auszumachen sind, als Baker.)
Wenn also ein This is Nothing einen routinierten 0815-Standard aus der Riff-Mottenkiste benutzt, ist es abgesehen vom rundum soliden Songwriting auch ein Problem von Fake Names, dass das Quartett nie dorthin geht, wo es wehtut, sondern eher blutleer und kraftlos agierend die Gefälligkeit der Intensität vorzieht.

Doch noch einmal zurück zum Opener des selbstbetitelten Debüts, da bereits dieser das restliche Muster der Platte im positiven wie negativen vorwegnimmt. All For Sale ist ein sofort eingängiger Singalong, sicher – gefällig und kompakt, aber eben auch relativ belanglos gespielt und ohne richtigen Biss für keinerlei Adrenalinschub sorgend. Mit stampfendem Groove, exemplarisch simpel gestrickt komponiert und unverzerrt durch die Boxen geschickt, macht die Band für einen eingängigen Chorus mit viel Melodiefühl auf, der trotz exzessiven Konsums keine unbedingt essentielle Halbwertszeit besitzt.
Die Kompositionen von Fake Names gehen eben schmerzlos hinunter, wählen stets den einfachsten Weg ohne jene gravierende Ecken und Kanten, deren Wert man sich als Hörer erst erarbeiten müsste; sie referieren die brav sofort sitzenden Refrains mit einer unverbindlichen Zwanglosigkeit immer wieder und entwickeln sich mit latenter Egalität niemals zu so süchtig machenden Ohrwürmer, wie Lyxzén das mit seinen besten Pop-Ausflügen schon deutlicher vorgemacht hat (und klingen gleichzeitig übrigens in keinster Weise so roh, direkt oder knackig, wie man das von einer prolongierten Demo erwarten sollte).

In dieser Ausgangslage verschieben Fake Names das Spektrum zwar mal um Nuancen zum Wave (Weight) und dann zu mehr Classic Rock (Driver), bleiben dabei aber immer in der Mitte der Fahrbahn: Brick deutet mit mehr Punk in der Strophe eine Indie-Hymnenhaftigkeit im Chorus an, leidet aber darunter, dass der Band keine Mittel einfallen, um die Dynamik weniger eindimensional zu gestalten – wobei die Nummer schon wieder beendet ist, bevor das störend ins Gewicht fallen könnte. Darkest Days flirtet dagegen ein bisschen direkter mit den Replacements und Hüsker Dü, agiert mehr aus dem Bauch heraus, und addiert zu postpunkiger Ästhetik Harmonien, als hätten schwachbrüstige The Who die Beach Boys gehört. Oder Bad Religion ein paar Bausteine aus der Mottenkiste gespendet.
Das alles ist niemals tatsächlich schlecht, keineswegs – es hätte aber jede der versammelten 29 Minuten so einfach um so viel besser ausfallen können, da die Stellschrauben am vorhandenen Potential einfach zu locker sitzen, keinen Tiefgang erzeugen.
Es gibt deswegen auch wenige Gründe, wegen derer man aktiv zum Einstand von Fake Names auf Platte zurückkehren wird. Wegen Being Them eventuell, einem zügigen, stromlinienförmigen Hit ohne Reibungsfäche, aber entwaffnenden Hooks, die keinen Spielraum für Entdeckungen lassen – oder dem ähnlich gelungenen Heavy Feather. Und das abschließende Lost Cause könnte dann durchaus als Bad Religion-Methadon durchgehen, obgleich die immer wieder auftauchenden „Ohooohoo“-Chöre auch hier die vorhandenen PS nicht auf den Boden bringen.
Die stylish inszenierte Ästhetik des Albumcovers bleibt also insofern auch stets eine frustrierend ausgehöhlte Attitüde – und die Frage, wer da beim nominellen Quartett am Artwork hinter der Schießbude Platz genommen hat (Matt Schulz?) theoretisch spannender als viele der Songs.

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