Foals – What Went Down

von am 5. September 2015 in Album

Foals – What Went Down

Mit der Speerspitze aus dem regelrecht brachial Druck machenden Titeltrack und dem unmittelbar in einen spielerischer-tänzelnden Hit verfallenden ‚Mountain at My Gates‚ haben Foals bereits im Vorfeld ihres vierten Studioalbums klargemacht, zu was für einer kraftvollen, konsenstauglichen Rockband sich die einst so hektischen Mathfrickler längst ausgewachsen haben.

Ihren Standort in die Indie-Oberliga über das herausragende ‚Total Life Forever‚ und dessen superben Nummer-Sicher-Nachfolger ‚Holy Fire‚ festigt das Quintett aus Oxford damit unmittelbar. Die Bestimmtheit und Selbstsicherheit, mit der Foals auch danach in den zielstrebigsten 49 Minuten ihrer Karriere agieren, ist dabei durchaus imposant – aber auch zwiespältig: wie man die Orientierung in Richtung Stadien und großen U2-Momenten in detailverliebter Raffinesse inszeniert, das wissen Yannis Philippakis und Co. – dennoch schrammt ‚What Went Down‚ immer wieder an einer von der Band bisher nicht gehörten Konventionalität vorbei. Etwa, wenn das betörend schöne ‚Give it All‚ als stufenweise zündende, schillernde Ballade behutsam auf den Massenmarkt treibt oder ‚Snake Oil‚ sich mit schmatzender Breitseite identitätslos zwischen ‚Return Of The Stingray Guitar‚ und kraftmeiernden Black Keys-Rock setzt, dabei aber nahezu alles von der vielschichtigen Magie vermissen lässt, die Foals  ansonsten zu erzeugen wussten.

Mit der Hypothek der Vorgängeralben im Rücken spiegelt sich so in ausnahmslos starken, aber eben nicht überragenden Songs wie ‚Albatross‚ (was wie ein Update zu ‚Bad Habbit‚ beginnt, entwickelt sich schnell zu einer mediativ nach vorne galoppierenden Spurensuche im Windschatten von ‚She Wants to Move‚) oder dem eleganten ‚Night Swimmers‚ (was für eine groovende Symbiose aus unwiderstehlich in die Hüften gehendem Afrobeat und akribisch arbeitenden Gitarren, die irgendwann klingt, als hätten Moloko ihre Finger im Spiel) wohl der seitens der Band immer wieder gelobte reibungslose Arbeitsprozess mit James Ford wider: Wo Foals früher nicht davor zurückschreckten durchaus auch auf Konfrontationskurs mit ihrem Produzenten zu gehen, ist ‚What Went Down‚ über weite Strecken folgerichtig eine beinahe konfliktfreie Platte geworden, die mit sich selbst im reinen ist und keine unzähligen Soundspuren verlieren müsste, um live umgesetzt werden zu können, sich lyrisch zudem kryptisch in der Allgemeingültigkeit wohl fühlt.
Dies führt zwar zu melancholisch-entschleunigten Umarmungen wie dem grandios mit Math-Methoden operierenden ‚Birch Tree‚ (quasi ein Paralellweltblick darauf, wie das hyperaktive ‚Antidotes‚ klingen könnte, wenn die Engländer bereits 2008 diese Reife, Ruhe und Abgeklärtheit von heute artikuliert hätten) oder  dem atmosphärisch dichten ‚London Thunder‚ – eine ähnlich übermannende faszinierend-sphärische Bannkraft wie besten Momente auf ‚Total Life Forever‚ und ‚Holy Fire‚ können Foals hier allerdings nicht beschwören.

Es ist insofern durchaus bezeichnend, dass erst das episch-weite Klangmeer ‚A Knife In The Ocean‚ diese majestätische, hintergründige Gänsehaut-Größe erreicht, in der Philippakis in dem Strudel einer nostalgischen Verzweiflung („Oh, what came of the things we once believed?/Oh, all lost to the depths of a hungry sea/…/ All that’s left, all that’s left is the trace of a memory „) verfällt: Der Aufnahmeprozess zu ‚What Went Down‚ war eigentlich bereits abgeschlossen, als die sieben Minuten des Closers praktisch zufällig entstanden. Gerade hier aber wächst die Band wieder über sich hinaus – indem sie sich hörbar aus der Zielsetzung freischwimmt, die eigene Discographie mit der „loudest and heaviest record to date“ zu konfrontieren.
Was so letztendlich ohnedies nur zum Teil stimmt: im Speziellen verdeutlicht alleine ‚Lonely Hunter‚ in seinem Wechselspiel aus infektiös schimmerndem Ohrwurmrefrain und geduldig ausgebreiteter Nachdenklichkeit, dass Foals auf ihrem Viertwerk nicht die Stadiontauglichkeit forciert, sondern vor allem den Umgang mit der Kompaktheit und Balance optimiert haben, weswegen ‚What Went Down‚ im Allgemeinen vor allem als Gesamtwerk als dynamisches Wechselspiel der konzentrierten Gegensätze absolut schlüssig und fesselnd funktioniert. Es muss deswegen auch gar kein Widerspruch sein, dass ‚What Went Down‚ sich schneller erschließt als seine Vorgängeralben und trotzdem ein leise sein Suchtpotential entfaltender Grower ist – oder das Viertwerk als leichte Ernüchterung  zu empfinden, ohne von der eventuell gar schwächsten Veröffentlichung der Band tatsächlich enttäuscht sein zu müssen.

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