Nails – I Don’t Want to Know You

von am 14. April 2019 in Single

Nails – I Don’t Want to Know You

Rein rechnerisch wäre 2019 Zeit für das vierte Nails-Album. Vorerst muss es aber die Single I Don’t Want to Know You im Alleingang tun – die dann aber mit Max Cavalera zumindest auch einen prominenten Gast zu bieten hat.

Mit plakativen Gesten hatten Nails ja noch nie Probleme, treiben es mit dem penetranten Titel und reißerischen Gore-Cover diesmal aber auf eine neue Spitze. Subtil geht anders, auch textlich: „Ego knows no end/ Narcissism level 10/ Never know when to quit/ Always fucking talking shit/ …/ I’m not part of your fucking scene/ …/ Fight all those who oppose truth/ Everyone I know hates you/ I don’t want to fucking know you/ No one fucking owes you shit“ – eventuell ein Liebesbrief an Metal Sucks-Mann Ben Umanov?
Egal, viele Freunde hat sich Todd Jones in den vergangenen Jahren mit seiner (wahlweise dünnhäutigen, wahlweise konsequent über seine Musik hinausgehenden) Konfrontationssucht inklusive Doch-Nicht-Bandsplits und Tourabsagen ohnedies nicht gemacht, da kann er also ruhig weiter Salz in die Wunden streuen. Nails zu hassen (oder zumindest zu verachten) war schließlich ohnedies immer ebenso in Mode, wie sie bedingungslos abzufeiern – weswegen die vier Minuten der zwei neuen Songs im Spannungsfeld aus Grind-, Hardcore sowie der patentierten Powerviolence-Kompaktheit auch wieder ansatzlos polarisieren werden (/dürfen/sollen).

Allerdings zeigt I Don’t Want to Know You (bei aller Liebe für die Band) jedoch vor allem, dass Nails ihre zutiefst angepisste Brutalo-Aggressivität über Unsilent Death (2010), Abandon All Life (2013) und You Will Never Be One Of Us (2016) auf eine kaum noch zu toppende Spitze getrieben haben. Die rasanten 82 Sekunden des titelstiftenden Stücks verwaltet die Band auf ihrer ersten Veröffentlichung mit Leon del Müerte als neuem Zweitgitarrist deswegen diese Hoheitszone: Nails eskalieren mit rülpsend-kotzenden Vocals, Blastbeats und irren Tempogitarren einmal mehr (sogar: mehr denn je?) entlang längst bekannter Trademarks, ausschließlich nach dem „Mehr vom Selben“-Prinzip. Überraschungsarm und leidlich inspiriert, aber eben auch relativ unerreicht in Sachen offensichtlicher, extremer Härte, die alles und jeden niederbürstet. Ohne offenkundige Ambition die Kampfzone der Band zu erweiterten, funktioniert I Don’t Want to Know You im (von Schlagzeuger Taylor Young produzierten und Kurt Ballou gemixten) Signature Sound als durchwegs griffig hängen bleibendes Ventil für rohe Gewalt – ein zufriedenstellender, selbstreferentieller Fanpleaser.

Interessanter ist trotzdem das mit über drei Minuten Spielzeit mehr als doppelt so lange Endless Resistance, das mit Thrash-Legende Max Cavalera (Ex-Sepultura, Soulfly, Nailbomb, Killer be Killed,….) eine ebenso prominente wie zuletzt stets schwächelnden Hypothek auf die Gästeliste setzt – und sie anhand einer unkaschierten Entombed-Verneigung einlöst.
Deutlich langsamer und heavy walzend betonierend Nails hier als Slo-Mo-Nackenbrecher mit heftigen Gitarrenriffs den Moshpit, rühren einen unbarmherzigen Groove an, der hinten raus über sein stoisches Wesen noch ein paar psychotische Soli andeutet und dann vollends in die Hypno-Zeitlupe schaltet. Cavalera entpuppt sich übrigens nicht unbedingt als essentiell für die Nummer, wird aber auch nicht zum Schwachpunkt eines die Dynamik nach dem Titelstück gut umschichtenden Gegenpol-Stücks, das im Kontext keine progressive Meisterleistung darstellen mag, die Perspektiven aber mit ordentlicher Abrissbirnen-Qualität erweitert.
Letztendlich ist I Don’t Want to Know You in Summe deswegen auch etwas mehr als bloß eine grundsolide Rückmeldung – eher eine sehr gute Diskografie-Fußnote, die mit einer gewissen Ambivalenz sowohl die unbeugsamen Vorzüge von Nails unterstreicht, wie sie auch aufzeigt, dass die Band aufpassen muss, sich in keine Sackgasse zu manövrieren.

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