Mark Lanegan – Has God Seen My Shadow: An Anthology 1989-2011

von am 15. Januar 2014 in Best of

Mark Lanegan – Has God Seen My Shadow: An Anthology 1989-2011

Die bisher aktivsten Phase seiner Solokarriere (die Rückkehr der Mark Lanegan Band, Coveralben und Weihnachts-EPs, Kooperationen mit Moby und Duke Garwood sowie zahlreiche Gastauftritte und sonstige Aktivitäten) beschließt Mark Lanegan vorerst mit dem enorm liebevoll aufgearbeiteten Blick in den Rückspiegel – der zudem einige Überraschungen parat hat.

Kein einziger Song von den jüngsten, auf breiter ebene gelobten Platten aus den letzten beiden Jahren findet auf ‚Has God Seen My Shadow‚ Platz – weil eben: 1989 bis 2011. Und in weiterer Konsequenz: „Anthology“ bedeutet nicht „Best of“ oder „Greatest Hits“. Vom Desert Sessions-Umfeld geprägte ‚Bubblegum‚ werden also ganz salopp die größten Hits ‚Hit the City‚ (dessen B-Seite ‚Mirrored‚ allerdings berücksichtigt wird!) und ‚Metamphetamine Blues‚ ausgespart, wie auch alle anderen markanten Rocker der Platte.
Das muss man sich erst einmal erlauben trauen – oder können; im Rahmen von ‚Has God Seen My Shadow?‚ funktioniert diese Form der Selektion jedoch hervorragend. Überwiegend balladesk, melancholisch und getragen fließen die Auswahlstücke von ‚The Winding Sheet‚, ‚Whiskey for the Holy Ghost‚, ‚Scraps at Midnight‚, ‚Field Songs‚, ‚I’ll Take Care Of You‚ (‚Shiloh Town‚) und der ‚Here Comes That Weird Chill‚-EP sanft und nahtlos ineinander über, was die frühvollendete Makellosigkeit und homogene Geschlossenheit des Gesamtwerks Lanegans mit aller Deutlichkeit vorführt, und somit knapp 70 Minuten knochigen Wohlklangs und großer Songwriterkunst mit zahlreichen namhaften Gästen (PJ Harvey, Josh Homme, J Mascis) bietet. Spätestens jetzt gibt es hiernach jedenfalls keine Ausrede mehr, weswegen man nicht mit dem Schaffen des mittlerweile keinen Schindluder mit seinem Körper mehr treibenden Ausnahmesängers vertraut ist – eine kompakte Einführung mit Liebhaberflair. Erst einmal angefixt kommt man dann auch zwangsläufig an den regulären Studioalben nicht vorbei – beispielsweise wegen ‚Stay‚, ‚Strange Religion‚ oder ‚Borracho‚,um nur ein paar wenige zu nennen.

Der Kaufanreiz für Lanegan-Profis und das eigentliche Schmankerl dieser Compilation ist allerdings der Bonustonträger mit einem Dutzend an durch die Bank feinen aber bisher stiefmütterlich behandelten Songs vom Abstellgleis, allesamt viel zu schade um in den Archiven zu vergammeln. Da wäre etwa das glimmernde ‚Blues for D‚, das mit Gesang die auf ‚Field Songs‚ gelandeten Version aussticht, oder das reduzierte Gitarrenintermezzo ‚Grey Goes Black‚, das so überhaupt nichts (mehr) mit der finalen Elektronik von gleichnamigen ‚Blues Funeral‚ Kollegen gemein hat.
Großartig auch spartanische Düsterakustikkleinode wie ‚Dream Lullaby‚ oder der schlurfende Chaingang-‚Leaving New River Blues‚, die todestrompetende Schwermut von ‚Sympathy, die wärmende Decke aus Soulorgel und Zauberstimme in ‚No Contestar‚ oder der spätdylaneske Soul von ‚Halycon Daze‚. Da versteckt sich der eine oder andere neue potentielle Lieblingssong aus der Lanegan-Schmiede, zeitloses Material von dieser Klasse kredenzen andere eben nicht einmal auf ihren Hauptwerken. Besonders schön letztendlich auch der Abschluss mit dem Livecover von Jackson C. Frank’s Folkjahrhundertnummer ‚Blues Run The Game‚ – weil Lanegan sich längst aus der zweiten Reihe vom ewig unterschätzten Geheimtipp zum qualitätskonstanten Elder Statesman der Generation Grunge emporgearbeitet hat und vor allem in den letzten Jahren auch von einer größeren Masse endlich die Anerkennung bekommt, die ihm seit jeher zusteht.

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