Paper Arms – The Smoke Will Clear
2011 zeigte Walter Schreifels Title Fight für deren Debutalbum, wie man geschichtsbewussten Post-Hardcore melodisch an 90er affinem Emocore aufzureiben hat. Den Australiern von Paper Arms verhilft er nun mit der selben Sicherheit zu einem ähnlich gelungenen Start.
Nicht durch, aber zumindest auch seit ‚Shed‚ hat sich die Ausgangslage für Bands zumindest gefühltermaßen geändert, die mit aufgestrichen Ärmeln ihre melancholische Emotionalität nachdrücklich in packende Punkrocksongs übersetzen, die kumpelhaft in jeder schweren Stunde als die Schulter zum Anlehnen und Bierzapfenfunktionieren und jede noch so gebeutelte Existenz wieder aufzupeppeln verstehen: ein breiterer Markt ist da, der durchaus qualitätsbewusst bedient wird. Das Quartett Paper Arms aus Adelaide platzt nun genau in diese Welt, in der Post-Hardcore-Tradition wieder groß geschrieben wird. In der die ältere Generation aktiv abliefert, Small Brown Bike wiedervereinigt sind, Rival Schools einer Zukunft entgegenblicken oder Hot Water Music noch hymnischer geworden sind. Und die jüngeren energisch nachdrücken, Make Do and Mend für die Hits dahinter sorgen und Title Fight jüngst sogar noch stärker nachgelegt haben, als ‚Shed‚ es versprochen hat.
All das Namedropping scheint im Bezug auf ‚The Smoke Will Clear‚ beinahe zwangsläufig notwendig, müssen sich Paper Arms doch letztendlich den einen großen Vorwurf gefallen lassen: die ultimativen Alleinstellungsmerkmale hat sich die Band für ihr Debüt ausgespart. Die markerschütternden, unbedingten Großtaten zwar auch – was dann aber sogar wieder als charmante Kante der Australier ausgelegt werden darf: Paper Arms becircen mit harten Gitarren, knackig treibendem Schlagzeug und rauh aus der Kehle gepresstem Gesang herzerwärmende Melodien und Hooks, biedern sich diesen aber niemals aufdringlich an. Da mögen die knappen Chöre in ‚In Silence‚ oder ‚Bright Lights‚ noch so sehr nach Verbrüderung gröhlen: lieber einmal zu oft impulsiv und energisch drumherumrocken, als den Song platt und auf allzu sehr auf Nummer Sicher gehend nach Hause zu spielen. Letztendlich hebt das Paper Arms also weniger das Was von der Masse ab, als durch das Wie: dynamisch, kompakt, variantenreich und schnörkellos bedienen die nicht unbeschriebenen Australier als fokusierte Epigonen mit so sicherer wie kurzweiliger Hand alle Trademarks des Genres.
Das macht ‚The Smoke Will Clear‚ im Gesamten zu einem ungemein unterhaltsamen, packenden Kumpanen, der sich behände aus der zweiten Reihe vordrängelt. Wenn Paper Arms zwischen Polar Bear Club–tauglicher Verschrobenheit und der mitreißenden Einfühlsamkeit früher The Promise Ring ihre niemals zu ruppig nach vorne gehenden Kleinode ausbreiten, reicht das Programm von kleinen Genrehits (‚Slipping‚) über rasante Sprints (‚Choke‚) und bis hin zu glasklar verdeckten Herzenshymnen (‚These Nights‚). Dass da Luft nach oben bleibt ist klar, nach spätestens 36 Minuten aber eben auch, dass ‚The Smoke Will Clear‚ ohne zu Schnaufen locker am Durschnitt vorbeimarschiert. Womit Mixmeister Brian McTernan (natürlich passt der Texas is the Reason-Recke nur zu vorbildlich in den anachronistisch angesagten Reigen) und der ikonisch zu verehrende Nicest Guy in Hardcore-Walter Schreifels ihren Stempel aufgedrückt (alleine diese Gitarren in ‚Tense‚!) und ihre 2011 in Down Under begonnen habende Mission souverän erfüllt haben: Paper Arms werden den in sie gesetzten Erwartungen gerecht. Mit einem Debut, dass zwar nicht nach der Ewigkeit schreit, für den Moment aber zumindest schon einmal nahezu alles richtig macht.
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