Me and That Man – New Man, New Songs, Same Shit, Vol 1

von am 15. April 2020 in Album

Me and That Man – New Man, New Songs, Same Shit, Vol 1

Die Personalien sind insofern geklärt, als dass die Türen von Me and That Man mittlerweile dem Plural offenstehen – auch wenn der Titel New Man, New Songs, Same Shit, Vol. 1 dies nur zum Teil korrekt ausdrückt.

John Porter, der als Teil eines Duos mit damals nur erahnbarer Rollenverteilung für eine gewisse Erdung auf dem selbstbetitelten Debütalbum von Me and that Man sorgte, ist mittlerweile ausgestiegen. Behemoth-Papst Nergal macht mit seinem Nebenprojekt dennoch weiter und hat das im Goth/Folk/Country/Americana/Bues/Rock verankerte Koordinatensystem zwischen den Fixpunkten Nick Cave, King Dude, Johnny Cash sowie gewohnt eindimensionalen, kirchenfeindlichen Düster-Texten kaum verschieben müssen. Eine relativ breitgetretenere Abwechslung in der Gangart ergibt sich für New Man, New Songs, Same Shit, Vol. 1 dennoch, da die Metal-Stammband des Polen mittlerweile ja in den großen Hallen angekommen ist und Nergal deswegen zahlreiche prominente – und auch: kalkuliert zugkräftige – Namen auf der Gästeliste der zweiten Me and (nominell immer noch nur der eine) That Man-Platte aufführt.
Dass praktisch jeder Song dabei am Allstar-Schaulaufen teilnimmt, ändert allerdings nichts daran, dass die Kompositionen an sich verdammt beliebig und ernüchternd konventionell daherkommen, zwar ästhetisch homogen und atmosphärisch kohärent auftreten, substanziell aber generisch konzipiert entlang klischeehafter Schablonen arbeiten und zudem ohne jede Entwicklung auskommen. Ohrwürmer ohne Mehrwert quasi. Die Frage nach der Authentizität sollte man jedenfalls stellen, wenn der Blues hier kaum Soul hat, sondern reine Attitüde ist.

Vielleicht muß man New Man, New Songs, Same Shit, Vol. 1 aber auch einfach als niemals intensive Western-Spielwiese akzeptieren, auf der Extreme, Wagnisse oder jedwede Form der Herausforderung keinen Platz haben. Und auf eine kurzweilige, unverfängliche und niemals hintergründige Weise unterhaltsam ist das auch durchaus – quasi banale Genre-Action anstelle eines stilvollen Autorenkino-Kultes.
Run With The Devil mit dem norwegischen Shining-Boss Jørgen Munkeby am quäkenden Mikro gibt insofern als banaler 08/15-Standard mit Bläser-Begleitung, Backing-Chören sowie einer geradezu poppunkigen Performance, die an jüngere Green Day-Auffassungen von Rock’n’Roll erinnert, die Richtung schmissig vor, während am anderen Ende der Platte sein Konterpart in Person des schwedischen Shining-Frontmannes Niklas Kvarforth Confession als müde Elegie, die zum uninspirierten Black Metal-Geballerte findet, durchaus überraschend beschließt.
Dazwischen passiert eine souveräne Parade ohne wirkliche Höhepunkte, allerdings auch stets zu egal, um wirklich negativ aufzuregen: New Man, New Songs, Same Shit, Vol. 1 begleitet als handzahme Souveränität, die nie so aufregend ist, wie sie angesichts der Grundkompetenzen der beteiligten Personen sein könnte; allerdings auch kaum penetrant langweilt, weil Nergal eben auch ein immanentes Gespür für Entertainment hat.

Das simplizistisch seine Zügel lockernde und anziehende, nach vorne gehende Coming Home hat dank Sivert Høyem natürlich einen Madrugada-Light-Vibe, unterhält aber eher auf aktuellen Murder by Death-Niveau. Das nicht nur plakativ betitelte Burning Churches schunkelt (mit Grave Pleasures-Sänger Mat McNerney) als potenzieller Seemanns-Shanty ohne Tiefgang und By the River schleppt sich mit dem ernüchternd bemühten Alternative-Gesang von Ihsahn (Emperor) sowie einem gelösten Solo ebenso zum Chain Gang-Marsch wie Surrender mit Dead Soul, das den Blues aber noch weicher beschwört. Es gibt mit dem im Alleingang von Nergal dirigierten Męstwo einen komplett austauschbaren Singalong, dem man nur zugute halten kann, dass der Kinderchor nicht zu dick aufträgt – trotzdem sollte man derartige Klassenausflüge lieber Ryan Gosling überlassen.
Deep Down South torkelt mit Nicke Anderson (Entombed), Johanna Sadonis (Lucifer), Fidel, Mundharmonika und Banjo flapsig von der Bar zum Barndance, flott und munter, gut aufgelegt und schnell vergessen. Man Of The Cross wird von Rome-Ersatzmann Jérôme Reuter ein bisschen martialischer aus der Gruft heraus polternd beschworen, und die angenehm reduziert auftretende Akustik Nummer You Will Be Mine krankt nur bedingt an der bemüht croonenden Intonation von Trivium-Boss Matt Heafy, behält sich aber etwas angenehm ruhiges und sanftes bei, zeigt eine unangestrengte Bewegung.

Home Come? zieht hinter Slipknot– und Stone Sour-Frontmann Corey Taylor dramatisch mit Streichern und Orgel zum Horizont-Abspann ab, an dem Anthrax-Gitarrist Rob Caggiano und (deutlich individueller und eben West End Motel-erfahren) Mastodon-Mann Brent Hinds zwei Soli über die Prärie jagen – dick aufgetragen knödelt das, überzeugt aber selbst mit banalem Storytelling.
Weil – noch einmal – nichts hier wirklich schlecht, aber alles entweder enttäuschend oder unterwältigend hinter dem Potential verjubelnd geraten ist. Es gibt schlichtweg in den offenkundigen Inspirationen für das Projekt so viel bessere Alternativen. Me and that Man ist eben mittlerweile zu einer Nebenbaustellen-Bagatelle verkommen, wo das (seinerzeit schon zu hoch eingeschätzte, weil kaum nachhaltige Faszination zeigende) Erstlingswerk noch andeutete, mehr als das werden zu können. Kein Grund sich zu ärgern.

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